Zwei Minuten

Heute schreibe ich nicht was mir in zwei Minuten, sondern zu zwei Minuten eingefallen ist. Und das ist eine Menge. Ich fange mit der Zwei Minuten-Regel an. Damit habe ich meine Aufschieberitis richtig gut in den Griff bekommen. Die Regel besagt nämlich, dass man alle Aufgaben, die weniger als zwei Minuten dauern, sofort erledigen soll. Ich staune immer noch, was sich in 120 Sekunden alles erledigen lässt.
In genau dieser Zeit kann übrigens ein Bekannter von mir die lauwarmen Flaschenbiere, die seine Gäste zur Grillparty mitbringen, kühlen. Er bedeckt die Flaschen mit Eiswürfeln, streut Kochsalz darüber. Zack, nach zwei Minuten ist das Bier kalt.
Leider nicht dabei war ich, als der Hamburger Fotograf Paul Ripke Prominente nach ihrem Interview bei Reinhold Beckmann fotografierte. Versprochen hatte er dem Fernsehmoderator, dass er dafür nicht mehr und nicht weniger als zwei Minuten braucht. Wie großartig die Bilder nach so einer kurzen Fotosession geworden sind, konnte ich in dem Fotoband „Zwei Minuten Zufall“ sehen.
Beeindruckt hat mich auch Barbara Schöneberger mit ihrem Song „Zwei Minuten“. Da listet sie 19 Dinge auf, die zwei Minuten dauern. Nun weiß ich, dass man zwei Minuten ohne Knöllchen mitten in Berlin parken und in zwei Minuten ein Origami- Einhorn falten kann, wenn man weiß, wie es geht. Im Refrain ihres Liedes heißt es „Zwei Minuten sind nicht wenig und nicht viel.“
Wie relativ Zeit sein kann, hat Albert Einstein genial erklärt. Zwei Stunden mit einem netten Menschen erscheinen uns wie eine Minute. Aber eine Minute mit dem Hintern auf einem heißen Herd kommen einem wie zwei Stunden vor, meinte er.
Die längsten zwei Minuten meines Lebens habe ich im Film „Psycho“ von Alfred Hitchcock erlebt. So lang dauert die Duschszene, an deren Ende eine Frau von Messerstichen durchbohrt tot am Boden liegt. Das zu sehen, hat mir das Duschen hinter einem Vorhang bis in alle Ewigkeit vermasselt. Und das, obwohl ich weiß, dass in dieser Szene nicht einmal Kunstblut, sondern Schokoladensirup floss.
In Hotels, in denen es Duschen mit Vorhang gibt, dusche ich stets weniger als zwei Minuten. Zum Glück geht es mir nicht so wie einst einem jungen Mädchen. Ihr Vater hatte wütend an Hitchcock geschrieben, dass seine Tochter, nachdem sie den Film „Psycho“ gesehen hat, nicht mehr unter die Dusche geht. Die Antwort des berühmten Regisseurs lautete „Schicken Sie sie in die Reinigung“.

Juni 2017