Jahraus jahrein hatte ich zum Weihnachtsfest gekocht. Nachdem die Teller geleert waren, kränkte mich ein „Na ja“ oft mehr als konkrete Kritik.
Irgendwann einmal reichte es mir. Ich erklärte die Küche für den 1. Weihnachtstag für mich zum Sperrgebiet. Mein Mann nahm die Herausforderung an. Er kaufte sich mehrere Kochbücher, dessen Preis so hoch war, wie die Rechnung einiger Essen in einem Nobelrestaurant.
Am Heiligabend verriet er mir aufgeregt: „Morgen gibt es Ente mit Rotkohl, gebutterte Kartoffeln und Pudding mit Karamelsoße.“ Er hatte am 1. Weihnachtstag den Tisch fürstlich gedeckt. Die Ente auf dem Goldrandteller sah aus, als hätte sie schon viele Jahre gerupft in einem Solarium gelebt. Nach dem Tranchieren des dunkelhäutigen Tieres blähte sich in seinem Innern ein Plastebeutel, in dem Herz, Leber und Magen blubberten, als wären sie noch sehr lebendig. Der Rotkohl schmeckte, obwohl er die Konsistenz von Spinat aus der Dose hatte. In der Soße tummelten sich Mehlklöße mit bizarren Formen. Dergleichen war meinem Mann zu Silvester beim Bleigießen noch nie gelungen.
Als ich mit der Gabel eine gebutterte Kartoffel auf meinem Teller berührte, verwandelte sie sich in ein Wurfgeschoß. Mit einem Affenzahn zischte der heiße Erdapfel am linken Ohr meines Mannes vorbei. „Was soll das“, fragte er ruhig, aber doch sehr ungehalten, „willst Du mich umbringen?“ „Sie sind nicht gar“, antwortete ich, „Kartoffeln, die gar sind, fallen nicht mit so einem harten Klang von der gefliesten Wand, sondern sie bleiben für einen Moment kleben und rutschen lautlos hinab.“
Wer wissen will, wie es weiter geht, der sollte mein Buch „Vorfreude ohne Freude
und andere humorvolle Weihnachtsgeschichten“ lesen.
Dezember 2017