Der Mantel von Adele

Ein Mantel hat mir völlig den Kopf verdreht. Nun geht es mir wie einem kleinen Mädchen, das den Schönsten aller Jungs auf dem Schulhof entdeckt hat. Ich denke nur noch: haben, haben, haben.

Den Mantel habe ich bei YouTube entdeckt, in einem Video von der Sängerin Adele. Ihren Song „Hello“ kennt inzwischen fast jeder. Denn wer sein Radio anstellt, hört ihn, und wer den Sender wechselt, hört ihn auch. Ein Lied von gleicher Intensität wie Ravels Bolero. Mich hat nicht nur Adeles Stimmgewalt, sondern auch ihr Mantel umgehauen. Nein, nicht der karierte Mantel, der in den ersten Sekunden zu sehen ist. Ich habe etwas gegen Karos auf Mänteln und Briefpapier. Sie gehören für mich nur auf Hemden und Röcke, wenn die Träger Holzfäller oder Schotten sind. Buntkarierte Bettbezüge rauben mir den Schlaf und kleinkarierte Menschen die gute Laune.

Ich habe mich verguckt in den anderen Mantel von Adele, der erst später im Video gezeigt wird. Er sieht aus wie ein zu heiß gewaschener Wolfspelz oder wie das gehäutete Fell von einem zerliebten Plüschtier. Vom Wunsch nach ihm bin ich nun ganz beseelt.

Man sollte ja bei allem, was aus dem Munde eines US-Präsidenten kommt, stets vorsichtig sein, nachdem George W. Bush tatsächlich einmal verkündet hat, dass er an die friedliche Koexistenz von Menschen und Fischen glaubt. Aber dem US-Amerikaner Bob Hope glaube ich aufs Wort. Er ist kein unfreiwilliger Komiker, sondern ein echter und beschreibt trefflich, wie es mir ohne den Mantel geht:

„Einer Frau ihren Herzenswunsch ausreden zu wollen, gleicht dem Versuch den Niagarafall mit bloßen Händen zu stoppen.“

Ich habe mir die Hände wund gegoogelt nach diesem wuschelkuschligen Teil. Es heißt ja immer, dass man bei eBay alles findet. Dort wurden schon die verrücktesten Sachen angeboten. Zum Beispiel ein gebrauchter Kaugummi von Jürgen Klopp und ein Schneemann aus dem Jahre 1756 in einer Wasserkaraffe. Vielleicht wird bei Ebay irgendwann auch Ostseeluft in Flaschen gefüllt verkauft. Den Mantel, den ich so gerne hätte, habe ich bisher nirgendwo entdeckt.

„Worauf man am meisten drauf erpicht, gerade das bekommt man nicht“, heißt es bei Wilhelm Busch. Ich werde also meine Taktik ändern und mir wünschen, dass ich den Mantel nicht bekomme. Vielleicht ergeht es mir dann wie meinem Onkel. Der wünschte sich innig keinen Maulwurf in seinem Garten und er hat immer einen.

Januar 2019