Brücken für den Kopf

Tatsächlichen Blödsinn, vermeintlichen Blödsinn und eine Menge Gutes habe ich in der Schule gelernt. Und zu den guten Dingen gehörten die Eselsbrücken.
So weiß ich heute noch, in welche Richtung Iller, Lech, Isar, Inn zur Donau fließen. Höre ich die Ziffern 753, fällt mir wieder ein, da schlüpfte Rom aus dem Ei. Man brachte mir zum Glück schon früh bei – wer nämlich mit h schreibt ist dämlich. Konvex und Konkav konnte ich gut auseinander halten, weil ich hörte und auch sah – der Bauch von unserem Direx war konvex. Dass eine Schwangerschaft 268 Tage dauert, habe ich im Biologieunterricht erfahren und schnell wieder vergessen. Gemerkt habe ich mir die Zahl mit den Ziffern 268 erst, als mir meine Gynäkologin verriet: „Zwei machen Sex und geben nicht Acht.“
Eselsbrücken heißen nicht Eselsbrücken, weil sie von klugen Menschen für trottlige Leute erfunden wurden. Es ist noch immer so, stellt sich einer dämlich an, wird er als Esel beschimpft. Dabei sind Esel überhaupt nicht blöd, sondern super vorsichtig. Sie überqueren nicht das kleinste Bächlein, weil sie die Tiefe des Gewässers nicht einschätzen können und nicht ersaufen wollen. Baut man ihnen eine Brücke, dann traben sie wieder los, und schon ist das Problem gelöst.
Und Eselsbrücken machen auch unserem Kopf Beine. Der kann ganz schön stur sein, wenn Fakten in ihn hinein sollen. Ich habe das oft bemerkt und neuerdings sogar vor Einkäufen. Wenn ich Butter, Ingwer, Toilettenpapier, Tomaten und Eier kaufen will, bemühe ich mich krampfhaft, diese Dinge in meinem Kopf zu speichern. Wiederholungen können das unterstützen, damit die fünf Dinge in meinem Korb landen. Aber wer schafft das schon, ständig Butter, Ingwer, Toilettenpapier, Tomaten, Eier auf dem Weg in den Supermarkt vor sich hin zu murmeln. Man trifft plötzlich einen Bekannten, wenn man gerade zum x-ten Mal bei Ingwer angekommen ist, macht ein Schwätzchen und danach ist einem der Rest der Einkaufsliste entfleucht. Einkaufszettel zu schreiben habe ich auch aufgegeben, weil genau diese Zettel in der Wohnung auf Wanderschaft gehen und sich verdammt gut verstecken.
Nun baue ich mir immer ein Wort aus den Anfangsbuchstaben der Einkaufsliste. Statt Butter, Ingwer, Toilettenpapier, Tomaten, Eier muss ich mir nur BITTE merken. Wenn ich jedoch Nektarinen, Radieschen, Paprika und Ananas brauche wird es schon schwieriger. Wie soll ich mir NRPA merken? Also ein bisschen tüfteln, die Reihenfolge ändern und reimen.
Denk daran, du brauchst PRAN.
Mit diesen selbstgebastelten Eselsbrücken bekomme ich neuerdings immer alles, was ich haben wollte, in mein Körbchen.

Juli 2016