„Das Paradies der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde, in der Gesundheit des Leibes und am Busen des Weibes.“
Diese Worte von Friedrich Martin von Bodenstedt mögen ja auch heute noch für so manchen zutreffen. Für mich befindet sich das Paradies hier bei mir in Mecklenburg. Und das auch wegen der vielen märchenhaften Schlösser. Dreimal lang hingeschlagen, in welche Himmelsrichtung auch immer, und schon hat man ein Schloss vor der Nase.
Im September, kurz nach meinem Geburtstag, bin ich im Schloss Kaarz aufgeschlagen. 1994 ist es „auferstanden aus Ruinen“. Das sind Worte aus der Nationalhymne der DDR, die seit 1973 nur noch gesummt und nicht mehr gesungen werden durfte, weil es in der Hymne auch hieß „Deutschland einig Vaterland“. Und als das Land endlich wieder einig war, haben die Alteigentümer das marode und ausgeschlachtete Gebäude meistbietend zurückgekauft, restauriert und zu einem Hotel umgebaut. Eingerichtet wurde es nicht prunk- sondern liebevoll. Ich fühlte mich schon beim Gang über die Schwelle heimisch. Die üppigen Arrangements von Kunstblumen störten mich nicht. Geniale Täuschungen haben mich schon immer fasziniert. Und auch die Fürsorge im Haus begeisterte mich. Gummistiefel standen bereit, damit man trockenen Fußes durch den Park kommt. Der ist nämlich fast so groß wie 10 Fußballfelder. Die Mammutbäume sind auch gewaltig. Wenn man allein ist, kann man sie leider nicht umarmen. Als ich das Schloss besuchte, hatte man den Rasen gerade frisch gemäht. Er wirkte so schier und glatt wie das Männerkinn aus der Fernsehwerbung, bei der zum Ende immer der absurde Spruch „Für das Beste im Mann“ ertönt.
Weil es ausnahmsweise mal nicht regnete, setzte ich mich auf die Terrasse, bestellte mir Kaffee und Kuchen und holte mein Geburtstagsgeschenk aus der Tasche.
Was nach ein paar Minuten geschah, hatte ich bereits erwartet. Es bewegten sich 80 von meinen Muskeln, meine Nasenlöcher weiteten sich, die Luft schoss mit 100km/h durch meine Lungen, mein Blutdruck sank, meine Eingeweide wurden massiert und mein Zwerchfell vibrierte. So etwas passiert, wenn man lachen muss. Und auch bei dem neuesten Buch von Wladimir Kaminer konnte ich es wieder so kräftig, wie bei allen vorherigen. 20 Sekunden Lachen ist so, als wenn man drei Minuten schnell rudert. Ich habe aus dem Buch „Meine Mutter, ihre Katze und der Staubsauger“ zwar nur eine Geschichte gelesen, aber ich habe lange gerudert. Mit tränenden Augen habe ich die Rechnung bezahlt, nicht wegen des Preises, sondern wegen Kaminer. Das Paar, das auf der oberen Terrasse saß, winkte mir zum Abschied zu. Die Frau rief mir hinterher denn sie wollte den Autor und den Titel dieses köstlichen Buches wissen.
Und falls demnächst jemand Wladimir Kaminer trifft, dann sollte man ihm berichten, dass die Verkaufszahlen seines Buches allein schon durch Vorlachen zu steigern sind.
September 2017