Eine der ersten Fragen ist immer: „Und, was verdienen Sie?“ Ich darf dann nicht kneifen. Schließlich habe ich den Kindern versprochen, dass sie nach meiner Lesung noch Fragen stellen können und ich jede beantworte. Die Frage nach meinem Verdienst kommt längst nicht mehr nur von den alten Hasen aus der 4.Klasse, sondern nun auch von kleinen Mäusen aus der 1. Klasse. Wenn sie die Antwort gehört haben, wollen die meisten lieber doch nicht Schriftsteller werden.
Zum Glück gibt es auch noch andere Fragen. Die Kinder wollen wissen, ob ich tatsächlich alle Geschichten ganz alleine geschrieben habe, ob ich berühmt bin, warum ich auch für Erwachsene Bücher schreibe und wie viele Kinder ich habe. Ein Kollege von mir wurde auch einmal nach der Anzahl seiner Kinder gefragt. Als er mitteilte, dass er kein Kind hat, ging ein Raunen durch die Reihen und eine Schülerin fragte entsetzt: „Nicht einmal ein Enkelkind?“
Eine beliebte Frage ist auch, welches meiner Bücher mein liebstes ist. Und da antworte ich dann immer mit einer Gegenfrage. „Welches Kind hat eine Mutter mit vielen Kindern am liebsten?“ Zu glauben, dass die Antwort: „Alle“ lautet, ist ein Irrtum. Oft wird auch „Das artigste“ gesagt.
Und manchmal gibt es Fragen, mit denen ich überhaupt nicht gerechnet habe. Zum Beispiel:
„Wieviel wiegst du?“ und
„Hast du auch die Bücher über Harry Potter geschrieben?“
„Nein, das habe ich nicht.“
„Und warum nicht?“
Ein Junge aus der 1.Klasse wollte einmal von mir wissen, wann sie ausgedreht hat.
„Wer?“, fragte ich nach.
„Na die Erde. Sie dreht sich und dreht sich. Sie muss doch irgendwann mal ausgedreht haben.“
Solche schwierigen Fragen sind selten. Aber ich gebe dann immer zu, dass ich manches auch nicht weiß.
Manchmal fragen Kinder nach Lesungen, ob sie mich einmal anfassen dürfen. Sowie ich genickt habe, schlingen die Kleinen beide Arme um meinen Bauch.
Und sowie ein Kind ein Autogramm haben möchte, wollen andere auch eins für sich und die Geschwister.
Manche halten mir ein Blatt vom Zeichenblock hin. Andere reißen eine winzige Ecke vom Löschpapier ab. Einige stehen ohne Papier vor mir. Unterschriften auf Federtaschen, Wangen und Oberarme habe ich bisher immer verweigert. Bei Gipsbeinen verhalte ich mich wie Papst Franziskus. Da setze ich gerne meinen Namen drauf.
Ich bin froh, dass ich nur bei Lesungen für Jung und Alt und nicht auf Schritt und Tritt um Autogramme gebeten werden. Ein Leben als Prominente stelle ich mir schrecklich vor. „Prominent ist man“, hat die Sängerin Anna Moffo gesagt, wenn man erst aus den Klatschspalten erfährt, was man in nächster Zeit vorhat.“
August 2016