Bloß nicht stolpern : Geschichten zur Jugendweihe. Rostock: BS-Verlag, ISBN 978-3-359-01640-3
Artikel SVZ 30.03.2005

OSTSEE-ZEITUNG Wochenendausgabe, 02.04.2005
Humorvolle Geschichten zur Jugendweihe
„Ganz schön froh werde ich sein, wenn ich bei der Feierstunde den langen Gang auf die Bühne überstanden habe. . . Und es tröstet mich gar nicht, wenn Opa immer sagt, dass es gar nicht so verkehrt ist, einmal auf die Nase zu fliegen. Und er sagt auch gern, dass die Menschen nicht über Berge stolpern, sondern über Maulwurfshügel,“ Das denkt ein junger Mann, der sich auf die Jugendweihe vorbereitet. Aufgeschrieben von Ditte Clemens in der Titelgeschichte ihres Bändchens „Bloß nicht stolpern“.
Die Autorin hat Geschichten zur Jugendweihe geschrieben. Die nach Recherchen entstanden Storys widerspiegeln Situationen von 14- Jährigen, die Zeit des Erwachsenwerdens, meistens humorvoll. So entdeckt einer: Man ist erwachsen, wenn einem plötzlich Spargel schmeckt. Ein anderer überredet Oma zum Kauf eines Handys als Geschenk. Dabei war er so erfolgreich, dass die alte Dame gleich noch eins für sich selber kaufte.
Nicht nur Geschichten zum Schmunzeln bietet die Güstrower Autorin aus ihrem Umfeld an. Im Hauptteil „Alt wie ein Baum“ legt sie dar, dass die in Deutschland verbreitete Feier anstelle Konfirmation bzw. Firmung keine Erfindung der DDR ist. Diese nichtreligiöse Jugendfeier ist seit 1852 belegt. Damals hatte ein naturwissenschaftlich aufgeweckter Pfarrer die Freie protestantische Gemeinde in Nordhausen gegründet und in Abgrenzung zur Konfirmation erstmals eine Jugendweihe veranstaltet,
Seither haben vor allem Freidenkerische Verbände die Form gepflegt, die in der DDR einerseits ideologisch instrumentalisiert, andererseits von vielen angenommen wurde. Clemens resümiert: „Die hohe Akzeptanz der Jugendweihe heute zeigt, dass sie als Familienfest die Wende überlebt hat.“ Mit einem kontroversen Meinungsspektrum von Pastor Friedrich Schorlemmer bis PDS-Tribun Gregor Gysi beschließt die Autorin ihr lesenswertes Bändchen
H. KRIEG